Trailrunning bei Olympia

Während wenige Kilometer entfernt jamaikanische Laufmaschinen die Rekorde jagen, entdecken wir, daß London tatsächlich ein Trailrevier zu bieten hat!
Ob die Queen das weiss?

Trailrunning in Sichtweite der City

Hampstead Heath. Ein unscheinbarer Stadtwald. Ein grüner Fleck auf dem Stadtplan. Naherholungsmaterial für müde Hauptstädter. Und – ein Singletrailrevier sondergleichen. Unser Guide: Patrick H. – der Typ ist fast immer in Schräglage!

Patrick H. ist ein Mann mit zwei Gesichtern. Vormittags macht er die Wälder unsicher. Oder sicher. Das kommt ganz darauf an, wie man zu Hunden steht. Genaugenommen zu Riesenhunden. Wenn er mit seinen vier Doggen spazieren geht, braucht der Bremer, den es nach London verschlagen hat, keine Leibwächter. Weil ihm diese vier Vierbeiner aber noch nicht reichen, führt der ruhige Typ aus Norddeutschland auch noch anderer Leute Hunde aus. Naja genaugenommen bringt er ihnen Benehmen bei. Patrick H. ist Hundetrainer. In London. Das macht Sinn, man kann sich leicht vorstellen, daß hier jede Menge illustre Persönlichkeiten wohnen, die einen solchen Service schätzen.
Clark Kent verwandelt sich bevorzugt in einer Telefonzelle in Superman und fliegt dann davon, zur Rettung von Metropolis. Patrick H. hat sich vermutlich in eine dieser weltberühmten roten Londoner Telefonzellen verkrümelt, nach getaner Hundearbeit – und ist dann wenige Sekunden später wieder aufgetaucht, Exo-Shorts und Calves statt blauem Anzug, Salomon Fellcross an den Füßen statt der roten Plastikstiefel. Und ein Skinpack auf dem Rücken, statt wehendem Cape.
Der bärtige Mann auf der Bank hat ja nicht die leiseste Ahnung, daß der nette junge Herr, der noch vor wenigen Minuten mit einer Gruppe Hunden auf der Wiese das Holen von Stöcken geübt hat, nun der selbe ist, der rennend in’s Unterholz eintaucht. Auch ohne seine Doggen benötigt der Londoner Trailrunner sicher keine Leibwächter, so wie er um die Ecken jagt. Der Stadtwald ist voller Singletrails, wir rennen scheinbar ziellos kreuz und quer, permanent Haken schlagend wie zwei panische Kaninchen. Doch in Wahrheit ist das nur ein ausgeklügeltes System, um dem kleinen Wäldchen soviel Strecke wie möglich abzuluchsen. Alle zehn Minuten kommen wir an einen Waldrand, queren eine Straße, und tauchen gegenüber in den nächsten Efeubewachsenen Baumslalom ein. Patrick H. kennt sich aus, im Hampstead Heath.

Nach einer wilden Stunde durcheinanderlaufen, wobei ich den Sinn für die Himmelsrichtung verlor, kommen wir zurück zum Parkplatz. Wie ich inzwischen erfahren habe, hat der Hundepädagoge für reiche Londoner eine bewegte Vergangenheit… von Graffitisprühereien in der Jugend ist die Rede, und wie zum Beweis überreicht er mir ein „Gripmaster“-Schild, welches er selber gesprüht hat. Ich bin beeindruckt, geehrt und begeistert, und habe endlich ein würdiges Schild für die Haustüre, oder zumindest meinen Gear Room…
Und jetzt geht’s weiter, mit dem Gripmobil quer durch die Stadt – ich könnte eigentlich einen vorgezogenen Fünf-Uhr-Tee vertragen nach der Aktion eben, aber der Herr Guide will sich jetzt „mal so richtig austoben“ wie er das nennt, und dazu fahren wir in den Nordosten der Stadt, zum Epping Forest. Und es lohnt sich. Ursprüngliche Laubwälder, wie man sie kaum noch findet, nachdem zum Wohle des Empires damals alle Wälder niedergeholzt wurden, um eine die Weltmeere beherrschende Flotte zu bauen… Die riesigen Eichen und Buchen stehen weit auseinander, der Boden ist wie ein knisternder Teppich. Hier kann man sich wirklich austoben!
Wer hätte das gedacht? Daß da erst ein Bremer uns in Bad Reichenhall über den Weg laufen muß, damit er uns nur wenige Monate später die Trails in London zeigen kann!

LONDON
DAS REVIER:
Hampstead Heath ist ein kleiner Stadtwald im Nordwesten Londons. Hier gibt es genügend Singletrails, um eine gute Stunde Spaß zu haben. Wir sind vom Parkplatz an der East Heath Road gestartet. Wer sich nicht fürchtet, kann das auch mal nachts probieren, mit der Stirnlampe ist das ganze noch einen Zacken schärfer! Wenn Euch ein Typ mit vier riesigen Doggen begegnet, nicht erschrecken – es ist wahrscheinlich unser Bremer im Exil – den könnt ihr nach dem Weg fragen!

WER NOCH NICHT GENUG HAT:
Im Epping Forest kann man sich so richtig austoben. Niedrige Schuhe mit wenig Dämpfung und viel Profil sind hier angesagt! Der Fellcross hat sehr gut funktioniert. Der federnde, weiche Boden bietet Megagrip, der Wald ist schier endlos. Wer kein Auto hat, kann einfach mit der U-Bahn nach Theydon Bois fahren, und dann direkt losrennen.

WENN MAN DANN DOCH MAL GENUG HAT:
Unwahrscheinlich, aber es kann ja mal passieren… man will nicht mehr im Wald rumrennen… Dann bietet London natürlich genügend mondäne Amüsements, hier seien nur Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und das Museum für mittelalterliche Foltermethoden genannt

Hundecoach, Trailrunner und... Graffittikünstler!

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