Eigentlich habe ich Florian Reichert erst zweimal getroffen, und zwar beim ECCO Indoortrail in Dortmund. Beide Male hat er dort überragend gewonnen. Jetzt steht er an der Schwelle zu einer neuen Herausforderung: Eine vollständige Skyracing Saison! Zeit, dem sympathischen Göttinger mal ein paar Fragen zu stellen….
1. Florian, du hast dieses Jahr mit Arc’teryx nicht nur einen neuen Sponsor, sondern auch gleich eine ganze Rennsaison an Land gezogen. Da Arc’teryx Partner der Skyrunning Federation ist, wirst du bei allerhand Skyraces am Start stehen. Auf welchen Strecken werden wir dich erleben können?
Flow: Ja, mein Jahr wird wirklich super spannend! Das hätte ich mir so im Winter auch nicht träumen lassen, aber auf mich warten tatsächlich einige der anspruchsvollsten, bestbesetzten und wunderschönsten Läufe, die diese schöne Erde zu bieten hat!
Den Auftakt macht der legendäre Maratón Zegama-Aizkorri in der Nähe von San Sebastián. Dort werde ich am 26. Mai am Start sein und meine ersten Erfahrungen als Skyracer sammeln.
Danach geht’s weiter in den Französischen Alpen, wo ich am 28. Juni (KM Vertical) und am 30. Juni (Mont-Blanc Marathon) in Chamonix am Start sein werde. Auch bei den European Skyrunning Championships am 19. bzw. 21. Juli in Canazei, Trento werde ich sowohl beim KM Vertical als auch beim Dolomites Skyrace dabei sein.
Damit wäre jede Saison schon richtig gut gefüllt, aber ich habe durch Arc’teryx die Möglichkeit, auch am 24. August beim Matterhorn Ultraks in Zermatt und beim Saisonfinale der Skyrunner World Series (SWS) am 13. Oktober beim Limone Extreme SkyRace am Gardasee starten zu können!
Alles in allem also fünf große Veranstaltungen, die sicherlich so ziemlich alles in den Schatten stellen, was ich bisher gemacht habe.
2. War es schon immer dein Ziel, Skyracer zu werden? Auf welchen Strecken warst du bisher bevorzugt anzutreffen?
Flow: Ich komme eigentlich aus der klassischen Leichtathletik (Bestzeiten über 5000m: 14:50; 10 000m: 30:50). Von Beginn an habe ich aber gemerkt, dass ich mich in schwerem Gelände beim Crosslauf am wohlsten fühle und dort auch die besten Leistungen bringe. Das erste Mal in den Bergen war ich 2009 beim Swiss Alpine Marathon in Davos unterwegs. Wir waren dort eigentlich im Höhentraining, um uns auf die Straßenlaufsaison im Herbst vorzubereiten. Zeitgleich fand der Swiss Alpine statt, und mein damaliger Trainer meinte, ich solle doch den K21 als flotten Trainingslauf mitrennen. Ich habe den Lauf dann aus dem Stand in neuer Streckenrekordzeit gewonnen – und hatte noch viel Spaß dabei! Seitdem habe ich mich immer öfters auf die Trails gewagt. Zu meinem 30. Geburtstag wollte ich aber auch meinen ersten Straßenmarathon gelaufen sein, darauf lag 2012 der Fokus. Mit dem Deutschen Meistertitel in der Mannschaft und dem 8. Platz im Einzel (2:26:13) war das ein ganz gelungenes Debüt.
3. Skyracing findet im Gebirge statt, es geht sagenhaft technische Trails hoch und runter, mitunter mehrere tausend Höhenmeter. Wie macht man das wenn man in Göttingen wohnt, wie wird man fit für sowas?
Flow: Das stimmt, die Herausforderungen, die jetzt auf mich zukommen, sind absolut neu für mich! Da muss ich auch ehrlich mir und meinen Partnern bei Arc’teryx gegenüber sein. Toll ist aber, dass Arc’teryx wirklich hinter mir steht und wir es dieses Jahr einfach versuchen wollen. Und ich werde meinen Teil dazu beitragen!
Hier in Göttingen ist die höchste Erhebung gerade einmal knapp über 400m hoch. Es ist ganz klar, dass ich da alpines Gelände nicht trainieren kann. Und auch der vor den Toren Göttingens gelegene Harz wird meinen Ansprüchen nur bedingt gerecht! Allerdings liebe ich Bergaufläufe – sie gehören zu meinen absoluten Lieblingstrainingseinheiten! Und wenn man das ganze als Intervall oder Fahrtspiel verpackt, dann bekommt man auch in diesem Gelände ein paar sehr schöne und vor allem anspruchsvolle Strecken zusammen!
Größere Schwierigkeiten sehen ich eher beim Trainieren des Bergablaufens. Da habe ich wenig Erfahrung und muss sehen, wie ich in steilem Gelände zurecht komme.
4. Was wird für die dich die grösste Herausforderung bei den Skyraces sein?
Flow: Ich sehe vor allem zwei Herausforderungen, auf die ich mich einstellen und an denen ich arbeiten muss: das eine sind die schon erwähnten technischen und steilen Bergabpassagen. Ich bin ein recht leichter Läufer, komme die Berge dementsprechend auch sehr gut hoch. Aber auch das Bergablaufen muss trainiert werden, und da habe ich noch Defizite. Außerdem werde ich mich auf die Höhe einstellen müssen, die bei einigen der Rennen auf mich wartet. Da ich aber häufig zu mehrtätigen Wanderungen in den Alpen unterwegs bin und noch nie Schwierigkeiten in der Höhe hatte denke ich, dass das ganz gut funktionieren sollte.
5. Skyrunning-Serie schön und gut, aber du wirst sicher auch in Deutschland noch Rennen laufen?
Flow: Mein Fokus liegt in diesem Jahr tatsächlich ganz in den Bergen. Ich sehe das so: ich habe mich verpflichtet und möchte Arc’teryx ein verlässlicher Partner sein. Deshalb konzentriere ich mich in diesem Jahr vornehmlich auf die Skyraces. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich nicht das ein oder andere Rennen zur Vorbereitung mitnehmen werde. Der Hermannslauf stand da eigentlich ganz groß auf einer Liste (s.u.). Ich habe aber auch wieder eine Einladung zum Urbanathlon nach Hamburg und möchte dort gerne starten. Außerdem könnte ich mir vorstellen, im Herbst die Deutschen Meisterschaften 10km zu laufen. Aber wie gesagt: der Fokus liegt in den Bergen.
6. Du hattest ein paar gesundheitliche Probleme zu Beginn der Saison, wegen denen du leider auch den Hermannslauf absagen musstest, bei dem du letztes Jahr zweiter warst. Ist alles wieder in Ordnung?
Flow: Das war allerdings schade! Ich war super in Form, hatte schon das ein oder andere Rennen im Winter gewonnen und eine gute Crossaison. Der Hermannslauf war in den langen Wintermonaten das, was mich rausgetrieben hat um auch meine Kilometer zusammen zu bekommen. Im letzten Jahr wusste ich gar nicht, um was für eine Art Lauf es sich handelt, ich hatte nicht die Vorbereitung dafür gemacht. Trotzdem wurde ich Zweiter in einer guten Zeit. Dieses Jahr hatte ich mich gut vorbereitet und wollte den Lauf auch als Test für die Skyrunning Saison nehmen. Immerhin sollte ja auch Jonathan Wyatt dort starten.
In den Osterferien waren wir dann zum Skifahren in Norwegen. Nach sechs, sieben Stunden auf der Piste bin ich dann immer noch 30km auf den Loipen gelaufen. Das war wohl ein bisschen viel für meine Patellasehne. Ich merke das Knie immer noch ein bisschen, bin aber sehr guter Dinge, dass sich das in den nächsten beiden Wochen legen wird.
7. Wann geht’s los, was ist dein erster Termin mit den „richtigen“ Bergen? Was ist die Taktik für dein allererstes Skyrace?
Flow: Die Flüge nach Bilbao sind gebucht, am 26. Mai steht der Maratón Zegama-Aizkorri im sicherlich wunderschönen Aratz-Aizkorri Nationalpark an. Das ist ein wirklich mythisches Rennen, bei dem ein Großteil der Skyrunning Weltelite am Start sein wird! Ich bin schon sehr aufgeregt und freue mich wie ein kleines Kind auf den Lauf … Ein Gefühl, dass mir in all den Jahren auf der Tartanbahn ein bisschen abhanden gekommen ist!
Für mich steht dieser erste Lauf jedoch ganz klar unter der Divise: Erfahrungen sammeln! Ich muss sehen was mein Knie macht, und ich möchte auch nicht am Anfang zu schnell loslaufen. Die Saison wird sehr lang, ich möchte mich langsam an die Faszination Skyrunning rantasten, um dieser wunderschönen Sportart noch möglichst lange erhalten zu bleiben.
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