HOKA STINSON EVO VS. SALOMON SENSE ULTRA

Die Prediger predigen :“Tragt Minimalschuhe, sie können sogar
wie Froschflossen aussehen! Dämpfung ist BÖSE!!!“
Echt jetzt? Wir wollen trotzdem mal was ausprobieren…

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In der jüngeren Vergangenheit wurden unsere Schuhe immer leichter, aber auch niedriger, weniger geschützt, kaum noch gedämpft. Man erklärte uns, das befördert das „natürliche“ Laufen, schont letztendlich den Körper, und daß die Schuhe, die wir vorher trugen, Mogelpackungen waren. Nicht umsonst hatten wir im letzten TRAIL Magazin ein grosses Special zu genau diesem Thema Ich habe am eigenen Leib festgestellt: mein Laufstil hat sich verändert, ich kann nun mit weniger Schuh auskommen als früher, Dämpfung wurde überbewertet, heute schätze ich Bodengefühl und Stabilität viel höher ein. Also: niedrig soll der Trailschuh sein, leicht und minimal. Nur: in einem kleinen gallischen Dorf sieht man das ganz anders. Eine einzige Marke baut nicht nur weiter gedämpfte Schuhe – sie drehen komplett durch, beziehungsweise den Spiess um, und bauen Schuhe, welche den Vergleich mit Luftkissenbooten nicht zu scheuen brauchen! Ein Selbstversuch muss her! Ich schnappe mir einen Vertreter besagter leicht-und-niedrig Schuhe, den Salomon Sense Ultra.

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Und den Klassiker von HOKA, den Stinson Evo. Und dann renne ich dieselbe Testrunde mit beiden. Über den ULTRA ist schon viel gesagt worden – er steht flach auf dem Trail, bietet viel Stabilität, ist sehr leicht und luftig. Auf hartem Schotter muss der Läufer elastisch laufen, denn der Schuh gibt die Energie ungefiltert weiter. Das hat mich nicht überrascht, was mich wirklich interessierte war: wie läuft sich das Marshmallowteil? Und ich gebe zu – ich war mehr als skeptisch angesichts der monströsen Grössenverhältnisse und freute mich, einen grandiosen Verriss verfassen zu können. Also HOKAs an, und die Erkenntnis: So muss sich Bibo aus der Sesamstrasse fühlen mit seinen Teleskopbeinen.

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Auf der Forststrasse federt der Stinson Evo wie ein Flummi mit Profil. Man muss sich darauf einlassen, aber dann macht es tatsächlich Spaß! Es ist verblüffend. Die Dinger sind riesig, klobig, aber erstaunlich agil! 347 Gramm ist nicht sehr schwer für derart viel Sohle. Also. Schotter und Strasse, das kann er, und ja das ist entspannend und scheint mir auch schonend für die Knochen zu sein. Aber – auf einem Trail? Zack, ab in’s Testlabor. Irgendwie habe ich das Gefühl, mit lautem „Boing, Boing“ durch den Wald zu federn. In engen und verwinkelten Wegen kommt der HOKA an die Grenzen. Es braucht einfach Platz, um diese Mords-Sohle zu landen. Der Flummiläufer lernt und löst das Problem anders: nicht mehr zwischen die Wurzeln treten, sondern einfach darauf! Wie ein Traktor bügelt der HOKA die Hindernisse weg. Die riesige Auflagefläche und das Profil der Sohle sorgen für guten Grip in steilem Gelände. Ist der HOKA also der bessere Schuh für’s Gelände? Nein. Spätestens bei richtig hohem Tempo und steilen technischen Downhills ist es einfach kein Vorteil, mehr als 3 Zentimeter über dem Boden zu stehen. Hier ist ein niedriger Schuh von Vorteil, man läuft sicherer und deshalb schneller. Im Sense ULTRA ist ein Fehltritt wegen mangelnder Protektion oft schmerzhaft. Das passiert einem im HOKA jedenfalls nicht. Aber eben, weil man den Boden grundsätzlich nicht mehr spürt.

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Würde ich mit dem HOKA laufen? Ja. Aber nicht jeden Tag. Ich hätte Sorge, das Laufen zu „verlernen“. Wer immer auf Watte läuft, verweichlicht und verliert das Gefühl. Auch der Sense ULTRA ist kein Schuh für den täglichen Trail. Der Fuß arbeitet sehr viel in diesem Schuh und das ist gut, weil es ihn trainiert. Aber ich will mir im ruppigen Terrain nicht regelmässig den Fuß schmerzhaft anhauen. Für einen schnellen vertikalen Kilometer jedoch – Rakete!

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Fazit: Keiner von beiden Kandidaten ist für mich der ultimative Trailschuh. Aber jeder ist für seinen Einsatzbereich ein heisses Eisen. Für Panorama- und Landschaftsläufe, für erholsames rumjoggen mit geschredderten Knochen nach einem brutalen Ultratrail ist der HOKA perfekt! Für schnelles Herumrasen und Fans von direktem Bodenkontakt ist der Sense ULTRA die bessere Wahl.

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STECKBRIEF
SALOMON Sense ULTRA
Gewicht
216g / Grösse 43
Sprengung
4mm
Preis
170 EUR
www.salomonrunning.com

STECKBRIEF
HOKA Stinson EVO
Gewicht
347g / Grösse 43
Sprengung
6mm
Preis
170 EUR
www.hokaoneone.eu

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1 Antwort : HOKA STINSON EVO VS. SALOMON SENSE ULTRA”

  1. Lutz sagt:

    Klasse ge- und beschrieben. Ich bin eher ein Normalo-läufer und auch gar nicht so viel querfeldein unterwegs. Aber so ähnlich würde ich die Unterschiede zu (m)einem Hoka auch beschreiben.
    Da ich das Glück hatte, ein Paar Hoka Stinson jung gebraucht und dafür super günstig schießen zu können, fiel mir der Érwerb schonmal deutlich leichter. 160 € zu riskieren und nicht zu wissen, ob man damit klar kommt, dürfte für die meisten DER Hinderungsgrund schlechthin sein, sich auf das Hoka-Experiment einzulassen.

    Meine Erfahrungen decken sich mit obigem Bericht. Inklusive der Ansicht, dass zuviel egal wovon, mir immer irgendwie am ungesündesten vorkommt. So habe ich auch recht leichte und flache Schuhe, normal gedämpfte und… seit kurzem eben auch den Hoka.

    Gelegentlich und inzwischen immer öfters in die Läufe eingestreut erscheint das Risiko, irgendwelche Dämpfungsmuskeln würden zu sehr verkümmern, kalkulierbar. Dafür bekommen Knochen und Gelenke einfach mal etwas weniger Stöße und Belastungen ab und können sich dadurch auch wieder besser regenerieren. Vielleicht. Jedenfalls kommt es mir subjektiv so vor.

    Auf den ersten Läufen war ich mir gar nicht so sicher, ob ich ihn öfters laufen würde. Zu groß der Unterschied. Luftkissenlaufen auf Buffalo-Boots-Höhe. Umgeknickt bin ich noch nie. War aber auch noch nie auf wirklichen Trails damit unterwegs.

    Andererseits. Die ganzen Steine und Unebenheiten, die man durch die flachen und leichteren Schuhe merkt und die zeitweise auch beim Laufen hinderlich, wenn nicht sogar zum Teil schmerzhaft sind, fallen mit dem Hoka weg. Es ist auf jeden Fall auch mal sehr angenehm, da einfach drüber walzen zu können.

    Wenn man mag, kann kann man sogar zügig damit laufen. Nicht schnell, aber zügig.
    Ob ich irgendwann bereit sein werde, dafür den recht hohen Neupreis zu bezahlen – bin ich mir noch nicht sicher. Mal sehen.

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