BEI BLITZSCHLAG: TRAIL!!!

WAS WÄRE WOHL HISTORISCH FASZINIERENDER, ALS MAL BEI EINEM A-EXPERIMENT ZU EINER BURG ZU LAUFEN? ZU DREI BURGEN ZU LAUFEN NATÜRLICH! GESAGT, GETAN…

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Wir schreiben das Jahr 1231, es ist eine warme Nacht, und alles ist ruhig an diesem 31.Mai hier mitten in Thüringen. Dann ein Knall, ein Blitz, und die Nacht wird zum Tag, als von einer Sekunde auf die nächste die Mühlburg in Flammen steht! Ich bin sofort hellwach, da folgt der nächste Donnerschlag – was ist hier los? Vom Wachturm der lichterloh brennenden Burg habe ich die ganze Umgebung im Blick, auch die wenige Kilometer südöstlich gelegene Veste Wachsenburg: sie brennt ebenfalls! Potzblitz, die Sache ist vertrackt – wie konnte ich Tölpel die lauwarme Nacht zum Schlafen nutzen, wo ich doch als Wache eingeteilt bin. Während ich mir noch die passende Ausrede zurechtlege, beobachte ich atemlos, wie eine gleissende Kugel von der Wachsenburg quer über den See hinüber rast zur Burg Gleichen, der dritten Festung hier unmittelbar, und diese mit einem weiteren Knall in Brand setzt.

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Mein erster Gedanke ist natürlich: Das war der unselige Apel von Vitztum, Bewohner der Wachsenburg – dieser gruselige Raubritter hat eine neue Waffe erfunden und sie nun auf die Burg des nichtsahnenden Nachbarn, dem Grafen von Gleichen, abgefeuert! Als wäre der arme Mann nicht schon geplagt genug, war er doch einmal versklavt worden von irgendeinem Sultan und muss nun sogar mit zwei Ehefrauen sein Dasein fristen… Und aus Übermut feuerte der Schelm Apel auch noch auf unsere Mühlburg, der er seit Jahr und Tag nichts Gutes wünscht! Doch halt – weshalb sollte dann auch seine eigene Burg in Flammen stehen? Eine Finte? Ich werde der Sache auf den Grund gehen, und niemand wird mehr fragen, weshalb ich unseren eigenen Brand so kläglich verschlafen habe….

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Und so stürme ich voller Tatendrang aus der heimischen Mühlburg, auf leisen Sohlen, und überlasse die Löscharbeiten den anderen, ich habe wichtigeres zu tun: dem Gauner von Vitztum auf die Schliche kommen! Ich renne was die Beine hergeben, die beiden Burgen trennt, oder verbindet, je nach politischer Sachlage, ein langer schmaler Gebirgsrücken. Die Schlossleite, so heisst er, ist dicht bewaldet und führt schnurgerade auf die Veste Wachsenburg zu. Während auf dem breiten Fahrweg allerhand Gespanne mit Löschwasser und Menschen zur Mühlburg eilen, verwende ich lieber den parallel wenige Meter daneben im Wald verlaufenden schmalen Pfad, der sich wie ein Tunnel aus Laub und Wurzeln gebärdet, welcher im Sommer schön kühl und schattig ist und mir Schutz bieten soll, falls der infame Raubritter seine teuflische Feuersbrunst erneut entfesseln sollte! Am Ende des Waldrückens betrete ich offenes Gras und stürme haste was kannste durch die Senke, unerkannt erreiche ich den Alabasterbruch am Fuße der Burg. Um senkrecht den Berg hinaufzulaufen fehlt mir die Kraft, ausserdem hat die Burg einen mit Dornen gespickten Burggraben. Also links in einem Bogen den Anstieg in Angriff genommen und schon erreiche ich mit brennenden Lungen das Tor. Doch siehe da: der Brand, welcher hier wütet stellt den unseren gar völlig in den Schatten, der Leser möge mir das Wortspiel verzeihen, doch es vermag zu erklären, warum ich meinen Verdacht ob einer geheimen Waffe nicht bestätigt sehe. Der Ekel von Vitztum ist ein rechter Lump, doch so dumm ist er nicht, daß er seine eigene Veste nieder brennt! Liegt des Rätsels Lösung also doch beim Grafen zu Gleichen? Hat der Alte etwa geheime und wie man sehen kann, gefährliche Kenntnisse mitgebracht von seinen Reisen in den Orient? Oder ist gar seine zweite Frau Melechsala eine Zauberin? Mir ist mitnichten wohl bei dem Gedanken, doch nun gibt es keine Wahl mehr: ich muss auch die dritte Burg aufsuchen, wenn ich des Phänomens habhaft werden möchte, welches alle drei Burgen mit einem Streich auszulöschen trachtet.

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Wieder nehme ich die Beine in die Hand und eile denselben steilen Pfad hinab, welchen ich noch eben im Schweisse meines Angesichts erklommen habe. Unten angekommen, wende ich mich nach rechts, und laufe entlang am sogenannten „Roten Berg“. Mir ist unheimlich, und ich spute mich, denn hier mag ich unter keinen Umständen verweilen – der Ort ward Zeuge von Vitztums Ruchlosigkeit: liess er doch einen armen Mönch, Gott sei seiner armen Seele gnädig, hierselbst hinrichten! Jedoch nicht, bevor dieser einen entsetzlichen Fluch aussprach – und nun haben wir die Bescherung: Der Berg ist rot wie das Blut des armen Mönches und kein Baum und kein Strauch will hier mehr gedeihen… Mich durchzuckt es wie vom Blitz getroffen – sollte die Feuersbrunst eine Rache des unschuldigt gehenkten sein? „Du naiver Tropf, möge dich der Blitz treffen!“, durchfährt es mich erneut – weshalb sollte denn der Geist eines braven Mönches auch die unschuldige Mühlburg zerstören? Riefs, und eilte weiter, auf die offenen Felder zu, immer die dritte Fackel auf dem Hügel im Blick, die arme Burg Gleichen… Auch hier meide ich die Fahrwege, auf welchen die Bauern ihr Getreide einfahren, und schlage mich stattdessen lieber kreuz und quer zwischen den Feldern durch die grasbewachsenen Streifen. Der Weg bergan zur Burg Gleichen ist leicht zu finden, genaugenommen gibt es zwei.

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Ein schmaler, beschwerlicher Pfad, welcher sich geradewegs senkrecht den Hang hinauf erstreckt – dies ist der alte Weg. Er ist nicht mehr in Benutzung seit die zweite Frau des Grafen, welche er von einem seiner Kreuzzüge mitgebracht hat, Mitleid hatte mit den Bediensteten, die sich wahrlich abmühten, Tag ein, Tag aus Waren und Lebensmittel zur Burg hinauf zu schleppen. Sie ließ daraufhin einen breiteren, befestigten Weg anlegen, welcher „Türkenweg“ genannt wurde. Auch ich bin der Guten dankbar, denn nach der ganzen Rennerei von Burg zu Burg zu Burg bin auch ich recht ermüdet und konnte obendrein an keiner Burg zur Rast einkehren. Schliesslich war es wichtiger, die jeweiligen Brände zu löschen als den Durst eines einfachen Wachsoldaten auf Abwegen. Doch ich schweife ab – um es auf den Punkt zu bringen, außer flüchtenden Fledermäusen finde ich auch an der Burg Gleichen keine Indizien, die mir weiterhelfen können das Rätsel zu lösen…

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Ich trolle mich also den schmalen Pfad auf der Westseite des Berges hinab, laufe vor zum Feldweg und wende mich dann links, direkten Weges auf den Ausgangspunkt meiner detektivischen Exkursion zu – die Mühlburg. Im Morgengrauen verziehen sich die Rauchschwaden von den Zinnen der Türme – oder ist es Nebel? Nebel, der sich langsam verzieht… Mir ist kalt. Diese Schlaferei unterwegs im Auto ist nix für mich! Oder werde ich nur langsam zu alt dafür? Und was für eine Nacht – nicht nur tun mir alle Knochen weh, mir brummt der Kopf vor lauter Alpträumen… Es hat gebrannt, ich bin viel hektisch umeinander gerannt und ein unschuldiger Mönch spielte ebenso eine Rolle wie ein bigamistischer Raubritter oder Kreuzritter, oder wie war das? Frische Luft muss her! Ich habe doch gestern Nacht, als ich beschloß hier ein paar Stunden Pause zu machen, im Ipad von diesen drei Burgen gelesen. Von meinem Autobahnparkplatz kann ich sie alle drei sehen! Klasse, das ruft nach einem Experiment: kann ich in einer Runde an allen dreien vorbeilaufen? Seit über 10 Jahren fahre ich immer wieder diese A4 entlang und bestaune jedesmal, wie dicht die drei alten Gemäuer auf ihren jeweiligen Hügeln stehen. Zeit, sie endlich mal zu besuchen!

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GESCHICHTE AN DER
AUTOBAHN – SO HAT ES
SICH ZUGETRAGEN

Über die „Drei Gleichen“, wie das Burgenensemble genannt wird, gibt es viel interessantes nachzulesen. In dem Traum, der unseren Erzähler auf der Autobahn ereilt, vermischt er zwar mehrere Jahrhunderte, doch der böse Raubritter bewohnte tatsächlich die Wachenburg und liess auch den Mönch umbringen. Genauso belegt ist der Graf mit den zwei Ehefrauen. An dem bewussten Tag im Jahr 1231 soll der Sage nach ein Kugelblitz alle drei Burgen getroffen und in Brand gesetzt haben. Vor 100 Jahren befand sich ein grosser See, wo jetzt die A4 verläuft.

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TRAIL MIT GIMMICK –
EIN EXPERIMENT ZUM
NACHLAUFEN

Zwischen Gotha und Erfurt, an der A4 liegen gut sichtbar die drei Burgen. Abfahren Ausfahrt 43, und in’s Dorf Mühlberg, am Fuße der Mühlburg. Parken ideal mitten im Dorf in der Burgstraße, denn von hier kann man direkt loslaufen, und ist in nur wenigen Minuten bei der ersten Burg! Die Ruine Mühlburg kann man betreten und sogar auf den Turm! Die Wachenburg ist ein Hotel und verlangt auch von Trailrunnern Eintrittsgeld. Die Burg Gleichen ist eine Ruine und derzeit geschlossen für Renovierungsarbeiten.

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KUGELBLITZE GIBT ES
KEINE, ABER EINE AUFREGENDE
RUNDE IST ES ALLEMAL

Unter www.drei-gleichen.de gibt es eine gute Karte, mit der man die Runde locker findet. Einfach dem Gustav-Freytag-Weg nach und gelegentlich ein bisschen improvisieren für mehr Abenteuer! Auf der Schlossleite nicht den Hauptweg nehmen, es führt ein toller Trail parallel! An der Wachenburg geht ein Trail den halben Weg hoch und erspart einem so die Strasse. Der kleine Trail zur Burg Gleichen ist im Sommer sehr verwachsen mit Brennesseln, aber für Abenteurer definitiv interessanter als der breite Weg

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